Warum das Ende so entscheidend ist

Kennst du das?

Der Kinofilm an sich war eigentlich ganz gut, aber das Ende war einfach nur schlecht. In welcher Erinnerung wirst du den Film haben?

Du warst auf einem Seminar oder Workshop und die Kursleiterin war relativ durchschnittlich, eher langweilig. Aber in der letzten halben Stunde des Seminars hat sie ihre persönliche Geschichte erzählt und was das heute Gelernte für einen Unterschied in ihrem Leben gemacht hat. Das war sehr spannend. Wie wirst du in 2 Wochen über das Seminar denken?

Oder: Du hattest ein schwieriges Gespräch mit dem Nachbarn, weil er immer wieder auf deinem Parkplatz parkt. Ihr habt euch ziemlich angezickt und es ging hin und her, aber am Ende habt ihr irgendwie die Kurve gekriegt und eine gute Lösung gefunden. Was wird dein Gefühl nach diesem Gespräch sein?

Neueste Untersuchungen

Neueste Untersuchungen zeigen, wie absolut entscheidend für unsere Wahrnehmung einer Situation deren Ende ist. Das, was am Schluss passiert, entscheidet darüber, an was ich mich erinnere.

Man hat unter anderem folgenden intelligenten Versuch gemacht:

Mehrere Versuchspersonen musste sich 8 Sekunden lang ein extrem lautes, unangenehmes Geräusch mit einem Kopfhörer anhören.

Kurze Zeit später mussten sie dasselbe Geräusch wieder 8 Sekunden anhören + weitere 8 Sekunden, nur dass das Geräusch in den letzten 8 Sekunden ein bisschen leiser war.

Danach sagte man den Probanden, sie müssten sich das Geräusch ein drittes Mal anhören, könnten aber zwischen Version 1 (8s) und Version 2 (8s + 8s ein bisschen leiser) wählen.

Das Versuchs-Ergebnis

Intuitiv hab ich sofort gedacht, dass sich alle für Version 1 entscheiden würden. Ist ja nur die Hälfte der Zeit Qual. Weit gefehlt!
Die Probanden entschieden sich fast ausnahmslos für Version 2.

Warum?

Weil Version 2 ein "angenehmeres" Ende hatte und ihr Gehirn deshalb Version 2 als insgesamt angenehmer abgespeichert hatte.

In anderen Versuchskonstellationen hat man exakt dieselben Ergebnisse erhalten: Ob eine Person das Experiment als angenehm oder unangenehm gespeichert hat, hing nicht vom Experiment selbst ab, sondern nur von dessen Ende. 

(Vgl. zu den Versuchen: Barry Schwartz – The Paradox of Choice)

Die Konsequenzen für uns

Ich finde das sehr spannend. Das heißt nämlich, dass wir so gepolt sind, dass das uns das Ende einer Sache / Situation am wichtigsten ist. Wir sind sogar bereit, länger oder mehr zu leiden, wenn nur das Ende gut ist. 

Mich hat das zum Nachdenken darüber gebracht, inwieweit ich diesen Ergebnissen in meinem Alltag Rechnung tragen kann. 

Einerseits will ich in Zukunft noch mehr darauf achten, wie ich einen Vortrag, Seminar, Predigt, Referat Gespräch, Telefonat, Blog-Post etc. beende, weil ich jetzt weiß, dass vor allem das Ende bei den Leuten hängen bleibt.

Andererseits will ich es mir selbst schön machen und darauf achten, dass meine Erlebnisse zumindest meistens ein schönes Ende haben. Untersuchungen haben z.B. gezeigt, dass ob ich einen Urlaub im Nachhinein als gelungen oder nicht gelungen bewerte hauptsächlich von dessen Ende abhängt. Das werde ich in Zukunft mehr im Blick haben. Ich will ja schöne Erinnerungen ;-).

Auch die Frage, wie ich mein Wochenende beende gewinnt so ganz neu an Relevanz.

Ich bin auf jeden Fall voll neuer Ideen :-).

Kennst du dieses Phänomen? 
Wo hast du das schonmal erlebt, dass sich die Erinnerung sehr parteiisch auf das Ende einer Situation konzentriert? 

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